[Dieser Eintrag richtet sich in erster Linie an die, die selbst ATS werden wollen und sich insbesondere für Australien interessieren und das ganze selbst organisieren wollen]
Red Tape - meine Gastmama hat diesen schönen englischen Ausdruck schon in der ersten E-Mail verwendet und ich hätte wissen müssen, dass mich das "rote Band" verfolgen würde.
Als Teil einer Generation, die eigentlich in der Lage ist, Dinge kritisch zu sehen - und so auch die Zustände im eigenen Land - war ich immer der Meinung, Deutschland wäre ein unendlich bürokratisches und auf Methoden und Formulare eingefahrenes Land.
Austausch-Lektion Nummer 1: Im Ausland ist nicht alles besser.
Australien ist bürokratisch ohne Ende.
Ich war mit der gesamten Organisation meines Auslandsschulaufenthalt sehr spät dran, aber als meine Gastfamilie, die enge Freunde meiner deutschen Familie sind, vor etwa zwei Monaten zugesagt haben, mich aufzunehmen, sah ich alle Probleme erstmal beseitigt und mich schon im Flieger nach Australien sitzen. Denn - so mein damaliges Bild von Australien - die sind eh alle locker, ich kann da einfach am ersten Schultag aufkreuzen und mitmachen. Soweit der Plan.
Meine Familie hier sah das natürlich von Anfang an nicht so - die wollten mich bitte an meiner australischen Schule angemeldet und aufgenommen wissen.
Also folgten diverse E-Mails zwischen meinen Gasteltern, meiner Gasttante und -cousine - und schlussendlich kam das South Australian Education Department (ist sinngemäß wahrscheinlich etwas wie das Kultusministerium) ins Spiel. Und der Spaß begann.
Die Down-Under-Beamten meldeten sich auf meine Anfrage erstmal überhaupt nicht. Das lag, wie sich später rausstellen sollte, an Personalwechseln (um Entschuldigungen sind sie übrigens nie verlegen... ;)).
Als dann endlich eine E-Mail kam, wurde mir zum ersten Mal klar, dass da überhaupt nichts mit "einfach so hingehen und mitmachen" war.
Die internationale Abteilung des Education Departments ist wie eine eigene Austauschorganisation zu verstehen.
Homepage des Internation Education Departments
Ich hatte damit gerechnet, dass mir von diesem Department noch die Schulkosten mitgeteilt werden würden und das war's.
Aber: Bei der Education Department musste ich mich erstmal bewerben. Und acht Wochen später war die Frist angesetzt, da mussten alle Unterlagen in Australien sein.
Also, ging die Jagd los, nach Zeugniskopien, Zeugnisübersetzungen, Recommendation Letter, Passbildern, Bewerbungsschreiben...
Und alles musste beglaubigt werden.
(Eine öffentliche Entschuldigung ans Sekretäriat meiner Schule für die permanente Dauerbelästigung...)
Liebe Leser, habt ihr schon mal beglaubigte Passbilder gesehen? Nein? Ich vorher auch nicht.
Für mich ist das ganze eher lästig, da ich ja nicht mehr auf der Suche nach einer Familie war und auch schon wusste, auf welche Schule ich gehen will.
Für jeden, der nach Australien möchte und sich deutsche Austauschorganisationen (z.B. EF, WWQ, Carl Duisberg, etc.), die teilweise bis zu 2000 € Honorar berechnen, nicht leisten kann, bietet das Education Department aber große Vorteile.
Leistungen des Education Departments:
- Schulvermittlung und Schulgeld
- Homestay: Vermittlung und "homestay fee" (Gebühr für den Gastfamilienaufenthalt)
- Auslandskrankenversicherung
Hinzu kommt nur noch ein vergleichsweise geringer "administration fee", also die Bezahlung der "Organisation" von etwa 800 AUD (knapp 450 €).
Wenn man, wie ich, schon eine Familie hat, werden homestay fees und Vermittlungsgebühren natürlich nicht berechnet.
Die Bewerbung (wie ja auch schon oben genannt) läuft wie bei den meisten deutschen Orgas auch - ein Empfehlungsschreiben vom Englischlehrer (auf der Seite wird ein TOEFL oder ein vergleichbares Englischexamen verlangt, de facto reicht aber eine Beurteilung der Englischkenntnisse durch den Lehrer). Nachdem die Bewerbung in Australien angekommen ist und alle "requirements" erfüllt sind, bekommt man einen Offer Letter. Ein wichtiges Stück Papier, denn mit diesem Brief ist man für das High School Study Abroad Program angenommen und der Platz an der gewählten Schule ist bestätigt.
Mit der Rücksendung des unterschriebenen Offer Letters ist der Vertrag gültig und obwohl es natürlich erst mit dem "Confirmation of Enrolment"-Letter endgültig bindend ist, steht es dann wohl langsam fest...
Man geht nach Australien.
Vom Education Department erhält man Informationsmaterial - erwartet wird auch, sich über seine zukünftige Heimat auf Zeit zu informieren.
Insgesamt durchläuft man acht Instanzen, die man auf der Seite des ED einsehen kann - hier. (Click "How To Apply")
Australische Bürokratie steht der deutschen in nichts nach - soviel habe ich schon vor dem Abflug in mein Gastland gelernt. Trotzdem finde ich die Möglichkeit klasse, dass man sich auch ohne teure, deutsche Organisation direkt im Wunschland bewerben kann - mir zumindest ist es das Formulare ausfüllen wert geworden.
Alle zukünftigen australischen ATS - viel Glück und verliert im Land des red tapes den roten Faden nicht. ;)
Donnerstag, 30. April 2009
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